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Auf der Suche nach dem Tiger

von Anke Bihn – 31. May 2016

 

Gute Geschichten brauchen nicht nur einen Helden, sie brauchen auch einen Schurken. Darüber waren sich viele Referenten beim Storytelling Symposium in Hannover einig. Laut Dr. Veit Etzold – der Mann ist erfolgreicher Krimiautor und muss es wissen – liegt der Grund dafür in nichts Geringerem als dem blanken Überleben. Denn seit jeher werden Stories als „best practices“ verpackt, die sich Menschen in Hütten und am Lagerfeuer erzählen und damit ihr Überleben sichern: Der Bericht vom bekämpften Tiger, dem erlegten Büffel oder dem gelöschten Brand ist für den Urzeit-Mensch, gelinde gesagt, äußerst relevant.

In der Unternehmenskommunikation ist das nicht anders, nur mit dem Unterschied, dass der gefährliche Tiger hier der direkte Wettbewerber, interne Schwierigkeiten  bei der Produktentwicklung oder die fehlende TÜV-Freigabe für die Markteinführung ist. Zugegeben: Schwierig als zähnefletschenden Tiger zu verkaufen. Viele Unternehmen flüchten sich hier in Floskeln wie: „Wir hatten große Herausforderungen zu bewältigen, um zu unserer heutigen Stärke zu gelangen.“ Sorry - kein Tiger, keine Story.

Petra Sammer (Ketchum) wies in diesem Zusammenhang auf den unterschiedlichen Umgang mit Antagonisten zwischen den Kulturen hin. So habe man z. B. in den USA deutlich weniger Hemmungen, den Wettbewerber klar zu benennen und sich im direkten Vergleich mit ihm zu positionieren. Ein Ausweg für die deutsche PR: Statt als Held können sich Unternehmen und ihre Produkte als Enabler in der Story positionieren - als das Schwert, das den Tiger zur Strecke bringt. Ein gutes Beispiel dafür liefert IKEA, das im Kampf zwischen Mensch und Unordnung die passenden Mittel bereitstellt.

Viele Referenten sahen auch noch eine andere die Möglichkeit, Spannung aufzubauen: Den unerwarteten Bruch mit Erwartungshaltungen. Werden gelernte Muster wie gut/böse, Mann/Frau, reich/arm plötzlich konterkariert oder scheinbar klare Situationen abrupt auf den Kopf gestellt, sorgt der Überraschungsmoment für Aufmerksamkeit. Werbespots wie die von Vim Cleaner funktionieren daher bestens als Story. Idealerweise werden solche Geschichten am digitalen Lagerfeuer dann eifrig geteilt und verbreitet – schlichtweg weil sie uns unterhalten, auch wenn sie nicht gleich unser Leben retten.

Bildquelle: enciktat/Shutterstock, JP│KOM

 

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