So gelingt die Nachhaltigkeitskommunikation: 4 Praxistipps für den Bericht nach CSRD & ESRS

von Viola Möller, Partnerin, Sustainability Services bei BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, und Sonja Burbach, Beraterin bei JP KOM

Viola Möller, Partnerin, Sustainability Services bei BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft,
und Sonja Burbach, Beraterin bei JP KOM
Nachhaltigkeitskommunikation in der PR ist anspruchsvoll: Sie muss strategisch geplant, sensibel gestaltet und transparent umgesetzt werden. Sie umfasst alle kommunikativen Maßnahmen, mit denen ein Unternehmen seine ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeitsaktivitäten glaubwürdig nach innen und außen vermittelt.
Ein zentrales Instrument dabei ist der Nachhaltigkeitsbericht. Seit dem Geschäftsjahr 2024 gilt die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in jenen EU-Mitgliedstaaten, in denen sie bereits in nationales Recht überführt wurde. Unternehmen sind demnach zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Mitarbeitende, eine Bilanzsumme von über 25 Millionen Euro und/oder ein Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro.
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisieren die Anforderungen der CSRD und legen detailliert fest, welche Nachhaltigkeitsinformationen Unternehmen in ihren Berichten offenlegen müssen. Sie decken die Themenfelder Umwelt (E), Soziales (S) und Unternehmensführung (G) ab und sollen die Berichterstattung transparent, nachvollziehbar, überprüfbar und vergleichbar machen.
Auch kleinere Unternehmen können indirekt betroffen sein – etwa als Zulieferer für berichtspflichtige Konzerne. Zusätzlich beziehen Finanzinstitute zunehmend Nachhaltigkeitskriterien in ihre Kreditvergabe ein, was die Relevanz von Nachhaltigkeitsberichten weiter erhöht (vgl. IHK).
Damit die Berichterstattung nach CSRD/ESRS zum Erfolg wird, hier vier Empfehlungen aus unserer gemeinsamen Beratungs- und Umsetzungspraxis:
1. Gründliche Vorbereitung: Wesentlichkeitsanalyse & Datenerhebung
Der erste und vielleicht wichtigste Schritt zu einem erfolgreichen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD und ESRS ist eine sorgfältige Vorbereitung. Dazu gehört insbesondere eine fundierte Wesentlichkeitsanalyse – idealerweise unter Einbindung einer spezialisierten Nachhaltigkeits- oder Strategieberatung, die inhaltlich unterstützt und die Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsprüfer ergänzt.
Zentral ist die Bewertung, welche Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen und seine Stakeholder tatsächlich relevant sind – und zwar im Sinne der doppelten Wesentlichkeit (Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft sowie finanzielle Relevanz für das Unternehmen). Ein frühzeitiger Austausch mit Fachabteilungen, Lieferanten und anderen Stakeholdern ist essenziell, um relevante Themen zu identifizieren und Verantwortlichkeiten zu klären.
Parallel sollte eine strukturierte Datenerhebung entlang der ESRS-Vorgaben erfolgen. Wichtig ist: Datenlücken frühzeitig erkennen – und den Berichtstext dabei schon mitzudenken. Welche Kennzahlen fehlen? Welche müssen ggf. geschätzt werden? Wo entstehen argumentativ-logische Brüche?
Ein besonderes Augenmerk liegt auf prüfbaren, konsistenten Kennzahlen (Metrics): Was im Bericht steht, muss nachvollziehbar, überprüfbar und konsistent dokumentiert sein.
Zusammengefasst: Bevor getextet wird, muss klar sein, worüber berichtet wird – und alle Fachabteilungen sollten genau wissen, welche Daten benötigt werden. Ein Nachhaltigkeitsbericht ist nur so gut wie seine inhaltliche Grundlage.
2. Konsistente Struktur: Aufbau entlang der ESRS und klare Sprache
Die Struktur Ihres Nachhaltigkeitsberichts sollte sich am Aufbau der ESRS orientieren: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) bilden die drei zentralen Themenfelder, – jeweils ergänzt um relevante Unterthemen und unternehmensspezifische Angaben. Zu berichten ist insbesondere über:
- Strategie
- Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Ziele und Kennzahlen.
Es gilt also über Policies, Actions, Targets und Metrics zu berichten. Die Reihenfolge dieser Inhalte ist nicht vorgeschrieben und kann individuell gewählt werden – z. B. je nach Schwerpunkt im Berichtsjahr.
Tipp: Beginnen Sie mit den Zielen, wenn Sie viele Erfolge zu verzeichnen haben und erläutern Sie im Verlauf des Textes, wie Sie sie erreicht haben. Liegt der Fokus auf Zukunftsplänen, können diese am Ende stärker akzentuiert werden.
Benchmarking ist ebenfalls hilfreich: Vergleichen Sie Ihre Struktur und Inhalte mit Berichten anderer Unternehmen Ihrer Branche.
Achten Sie darauf, die einmal gewählte Struktur konsequent beizubehalten – ebenso wie Konsistenz im Layout (Tabellen, Diagramme) sowie einheitliche Sprache und Stil, besonders wenn mehrere Autor:innen/Fachabteilungen an einzelnen Kapiteln mitwirken. Wählen Sie außerdem Begrifflichkeiten, die verbindlich sind und keinen Raum für Interpretation bieten. Vermeiden Sie vage Begriffe wie „sicherstellen“, „anstreben“ oder „fördern“ und ersetzen Sie sie durch konkrete, überprüfbare Aussagen: „eingeführt am …“, „umgesetzt durch …“, „geschult in …“.
Der Bericht darf zur Kommunikationsstrategie passen, sollte aber kein klassisches Storytelling sein – im Fokus stehen messbare Fakten.
3. Transparenter Umgang mit Herausforderungen und Greenwashing-Risiken
Falsche oder überzogene Angaben fallen nicht nur Prüfer:innen negativ auf und bedeuten in der Regel Zusatzaufwand – sie bergen auch das Risiko, als Greenwashing wahrgenommen zu werden.
Greenwashing bedeutet, dass ein Unternehmen oder eine Organisation sich insbesondere durch Maßnahmen im Bereich Kommunikation oder Marketing ein nachhaltiges Image gibt, ohne entsprechende nachhaltigkeits-orientierte Aktivitäten umzusetzen (vgl. Umweltbundesamt).
Welche rechtlichen Folgen bei Greenwashing drohen, haben wir Rechtsanwalt Albrecht Prestel, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein in Frankfurt am Main, gefragt:

„Greenwashing kann neben einem erheblichen Reputationsrisiko auch handfeste rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – etwa in Form von Abmahnungen, Klagen, Bußgeldern oder sogar Strafanzeigen. Falsche oder irreführende Aussagen zur Nachhaltigkeit eines Produkts oder Unternehmens verstoßen häufig gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und können somit eine Grundlage für rechtliche, kostenträchtige Schritte durch Verbraucherschutz- oder Umweltverbände sowie Mitbewerber bilden. Auch im B2B-Bereich sehen wir zunehmend pauschale Formulierungen wie ‚umweltfreundlich‘, ‚klimaneutral‘ oder ‚100 % recycelt‘, die rechtlich riskant sind – etwa wenn Verpackungen oder
Materialien nur teilweise aus Recyclingstoffen bestehen oder es keine belastbaren Nachweise für CO₂-Ausgleiche gibt. Ebenso können vage Begriffe wie ‚nachhaltige Produktion‘ oder ‚grüner Versand‘ rechtlich angreifbar sein, wenn die dahinterstehenden Maßnahmen nicht transparent und nachvollziehbar dokumentiert sind. Zudem gibt es auf EU-Ebene verstärkte Bestrebungen, Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Greenwashing mehr Schutz zu bieten – etwa durch die geplante Green Claims Directive.“
Wichtig ist auch: Ehrlich mit bestehenden Herausforderungen umgehen. Wenn es in einem Bereich noch keinen klaren Plan oder messbare Ziele gibt, sollte das benannt werden – idealerweise mit dem Ziel, im Folgejahr Fortschritte berichten zu können. Denn in vielen Fällen muss auch berichtet werden, wenn noch keine Ziele definiert und gemessen wurden.
4. Einbindung des Nachhaltigkeitsberichts in die Gesamtkommunikation
Der Nachhaltigkeitsbericht sollte nicht isoliert betrachtet werden, sondern als Teil der ganzheitlichen Unternehmenskommunikation. Zwar ist der Bericht nach CSRD/ESRS formal Teil der Lageberichterstattung und erfüllt damit eine gesetzliche Pflicht – gleichzeitig bietet er Unternehmen die Chance, zentrale Inhalte ihrer Nachhaltigkeitsstrategie auch über freiwillige Kanäle sichtbar zu machen. Er sollte:
- zur Unternehmensstrategie passen
- über verschiedene Kanäle gezielt weitergedacht werden (z. B. Website, interne Kommunikation, Social Media, PR)
- deutlich machen, wie ernst es das Unternehmen mit Nachhaltigkeit meint.
Neben der Berichtspflicht ist das eine kommunikative Gelegenheit, Glaubwürdigkeit aufzubauen und sowohl interne als auch externe Zielgruppen zu erreichen.
Unser Tipp:
- Inhalte als Infografiken aufbereiten
- Erreichte Zahlen visuell hervorheben
- Intern: Treiber:innen der Nachhaltigkeitsstrategie sichtbar machen – CEO, Führungskräfte oder Mitarbeitende.
Fazit
Sehen Sie den Nachhaltigkeitsbericht nicht nur als Pflichtübung, sondern als Chance, Ihre Nachhaltigkeitsstory verständlich, glaubwürdig und strukturiert zu vermitteln.
Je intensiver Sie sich mit Ihren Zielen, Maßnahmen und Prozessen auseinandersetzen, desto stärker wird auch Ihre Berichterstattung.
Berichten Sie konkret, strukturiert – und ehrlich. Denn am Ende sollen Nachhaltigkeitsberichte nicht nur informieren, sondern tatsächlich zur nachhaltigen Entwicklung Ihres Unternehmens beitragen. 😉
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