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Durch Architektur kommunizieren: Hochhausbau in „Mainhattan“

von Franziska Weber – 03. März 2015

 

Wie aus Frankfurt „Mainhattan“ wurde, erlebten Freunde und Mitarbeiter von JP│KOM beim Art after Work in der Ausstellung HIMMELSTÜRMEND – Hochhausstadt Frankfurt.

Hochhäuser zur Imagegestaltung nutzen

Auch Städte können sich neu erfinden – und Frankfurt ist das beste Beispiel. Nach dem zweiten Weltkrieg klaffte in Frankfurt eine eklatante Lücke – nicht nur in städtebaulicher Hinsicht, sondern auch im Selbstverständnis der Frankfurter. Die Mainmetropole wagte den Neuanfang und positionierte sich als Fortschrittsstadt, die auf den tertiären Sektor setzte. Mit der Entwicklung zum Wirtschafts- und Finanzzentrum hielten auch die ersten, schlichten Hochhäuser als Symbole des Fortschrittsoptimismus der Sechziger Jahre Einzug.

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Die Freude über den Messeturm steht ihnen ins Gesicht geschrieben: Oberbürgermeister Wolfram Brück, der Chef der Frankfurter Messe, Horstmar Stauber, und Investor Jerry Speyer. © Kai-Uwe Wärner, 1988

Doch hoch und funktionell reichte bald nicht mehr, Hochhäuser wurden immer mehr zum Instrument der Imagegestaltung und setzten allein durch ihre äußere Form Statements. Der Messeturm markierte in den Neunziger Jahren die Abkehr vom rein funktionellen Häuserbau. Er ähnelte durch seine Raketenform amerikanischen Wolkenkratzern, wie etwa dem Empire State Building, und drückte Stärke, Macht und Modernität gleichermaßen aus. In Frankfurt Wolkenkratzer bauen wie in New York – eine Aussicht, die Städtebauer und Imagegestalter gleichzeitig beflügelte. Der Commerzbank Tower überragte mit seinen 259 Metern von 1997 bis 2003 alles, was bisher auf dem europäischen Kontinent gebaut worden war. Ein Rekord, der auch eine Botschaft an die Finanzbranche sendete. Ebenso wurden die Türme des Deutsche-Bank-Hochhauses mit ihren Spitznamen „Soll“ und „Haben“ zu Symbolen der Finanzwirtschaft.

Wolkenkratzer als Projektionsfläche für öffentlichen Widerstand 

Auch heute noch geht mit dem Bau eines neuen Hochhauses eine starke Symbolwirkung einher, die für die Positionierung einer Organisation genutzt werden kann. Aktuelles Beispiel: der EZB-Neubau im Ostend Frankfurts. Zwei blau-metallisch glänzende Türme verbunden durch ein Atrium sollen die moderne EZB verkörpern. Nicht alle teilen dieses Verständnis. Für die Aktivisten des Blockupy-Bündnisses ist der EZB-Turm Projektionsfläche ihres Widerstands gegen die Politik der europäischen Finanz- und Schuldenkrise. Für die Einweihung des Towers am 18. März sind Großproteste geplant.

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Projektionsfläche des Blockupy-Bündnisses: der EZB-Neubau im Frankfurter Ostend © Robert Metsch, 2014

Wie Flughäfen, Bahnhöfe und Elbphilharmonien ringen auch Hochhaus-Bauvorhaben um öffentliche Akzeptanz – sei dies aufgrund der Ablehnung der Erbauer, der Beschattung angrenzender Viertel oder der befürchteten Gentrifizierung von Stadtteilen. Strategisches Kommunikationsmanagement ist gefragt, um die Akzeptanz für Großbauprojekte herzustellen.

Über die Ausstellung HIMMELSSTÜRMEND – Die Hochhausstadt Frankfurt

Die Ausstellung HIMMELSSTÜRMEND – Die Hochhausstadt Frankfurt ist noch bis zum 19. April 2015 im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt zu sehen. Wie und warum wuchs Frankfurt in den Himmel? Auf diese Frage liefert die Ausstellung Antworten und zeigt Stationen der Stadtentwicklung auf: Vom Wiederaufbau nach 1945 über den Häuserkampf im Westend bis in die heutige Zeit der globalen Finanzmärkte.

Buchempfehlung: Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft – Zur Debatte um Legitimation, öffentliches Vertrauen, Transparenz und Partizipation

Die schwindende Akzeptanz von Großbauvorhaben steht im Zentrum dieses Nachschlagewerks für Theorie und Praxis des Kommunikationsmanagements. Der Band analysiert grundlegende Aspekte des Diskurses über Akzeptanz und Bürgerbeteiligung in der modernen Gesellschaft. Er bietet wissenschaftliche Zugänge, Fallbeispiele für Konflikte in Wirtschaft, Kultur und Politik und letztlich Methoden und Verfahren zur Erlangung besserer Akzeptanz.