EU-DSGVO: Ein Gespenst geht um (Teil 2)
- Welche grundsätzlichen Änderungen für unseren Umgang mit Bildmaterial ergeben sich durch die DSGVO für die Kunden-Agentur-Beziehung?
Ich denke, mehr als bisher tritt die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Auftraggeber und Auftragnehmer in den Vordergrund. Die Frage ist, welche gesetzlichen Pflichten Agenturen wie Kunden bei der Zusammenarbeit treffen. Denkbar ist, dass bei gemeinsamer Verantwortlichkeit von Agentur und Kunde zukünftig auch genaue vertragliche Regelungen zur Verteilung der Zuständigkeiten Bestandteil der Kundenbeziehung werden.
Spannend ist außerdem, wie zukünftig mit sozialen Netzwerken umzugehen ist. Nach dem Facebook-Urteil des EuGH und der hierzu kürzlich erfolgten Einschätzung der Datenschutzkonferenz müssen Kunden und Agenturen jetzt genau überlegen, wie Social-Media-Auftritte von Unternehmen und Behörden DSGVO-konform zu betreiben sind. Eine prophezeite Flucht vor der Verantwortlichkeit durch Ausweichen in die Social Media dürfte sich damit wohl erledigt haben.
Und zuletzt erfährt auch das Thema Rechteklärung und -dokumentation neue Akzeptanz. Ich glaube, dass die öffentliche Diskussion zur DSGVO hier ein neues Bewusstsein hinsichtlich der Bildrechte geschaffen hat. Tatsache ist, dass die Rechteklärung zeitraubend, mühsam und oft ohne Fachkenntnisse nicht zu bewältigen ist.
- Besonders während Veranstaltungen wird für die Berichterstattung immer häufiger Foto- und Videomaterial erstellt. Was ist dabei in Bezug auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte zu beachten?
Ich gehe davon aus, dass wir künftig nicht mehr unsere vertrauten Ausnahmeregelungen vom Einwilligungserfordernis, „Versammlung“ und „Zeitgeschehen“ nach dem Kunsturheberrechtsgesetz, zur Legitimierung der Veranstaltungsfotografie aus der Tasche ziehen können. Bis zur Klärung der Rechtslage durch Gerichte empfehle ich dringend, die Veranstaltungsfotografie auf der Grundlage der DSGVO zu handhaben. Als Rechtsgrundlagen kommen hier die „Einwilligung“ und das „berechtigte Interesse“ in Betracht.
Wer die Risiken der Widerruflichkeit der Einwilligung vermeiden möchte und auch praktisch kaum die Möglichkeit hat, Einwilligungen einzuholen, sollte bei der Berichterstattung überlegen, ob er Personenfotos im Rahmen seiner Kommunikationsrechte im „berechtigten Interesse“ erstellen und veröffentlichen kann. Ein Prüfungsschema zum Download finden Sie in den weiterführenden Links.
Wichtig ist, dass Veranstalter bei der Wahrnehmung ihrer Kommunikationsrechte als „berechtigtes Interesse“ die Besucher umfassend darüber informieren, dass und für welchen Zweck Fotos angefertigt und veröffentlicht werden. Dies kann zum Beispiel durch deutliche Hinweisschilder und Handzettel geschehen. Am besten beides.
Da hierzu bisher keine Rechtsprechung existiert, sollten Veranstalter jedoch zurückhaltend sein und sich auf die absolut notwendigen Fotos beschränken – insbesondere bei Social-Media-Veröffentlichungen.
- Fotos entstehen nicht nur auf Veranstaltungen, sondern auch bei Fotoshootings. Wo bekomme ich ein DSGVO-sicheres Model Release her?
Hierfür bietet die DSGVO eine praktikable Rechtsgrundlage, da eine „Datenverarbeitung“ auch zur Erfüllung eines Vertrags legitimiert sein kann. Bestehen zwischen dem Model und dem Auftraggeber schriftliche Vereinbarungen über Honorierung, Verwendungszwecke, Verbreitungsmedien, Zeitdauer der Verwendung und über die Weitergabe an Dritte, ist die Nutzung der Fotos unter datenschutzrechtlichen Aspekten unproblematisch.
- Das Thema Bildmaterial spielt häufig auch beim Erstellen von Mitarbeiterzeitungen oder Webseiten eine Rolle. Wie ist in diesem Zusammenhang mit Mitarbeiterfotos richtig umzugehen?
Damit sind wir wieder bei der Frage der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit. Aber der Reihe nach: Arbeitnehmer genießen einen besonderen Schutz. Hier ist, abgesehen von wenigen Fällen, die Einwilligung mit ihren weitreichenden Schutzrechten entsprechend der DSGVO das Mittel der Wahl. Insbesondere sollte auf die Verwendung von Fotos der Auszubildenden in sozialen Netzwerken ganz verzichtet werden. Denn hier dürfte den Arbeitgeber in der Regel eine besondere Fürsorgepflicht treffen.
- Bleiben wir noch etwas beim Thema Mitarbeiterzeitung und Webseite: Gibt es in diesem Zusammenhang Dinge, die bei Stockfotos unbedingt zu beachten sind?
Auch hier besteht eine Verantwortlichkeit derjenigen, die diese Bilder veröffentlichen. Personenfotos von Stockagenturen sollten vor einer Veröffentlichung sehr genau im Zusammenhang mit den AGB der Fotoagentur und den rechtlichen Hinweisen in den Bildmetadaten betrachtet werden. Die Frage muss dann lauten: Sind bestimmte Bereiche und Themen der Verwendung für das Model ausgeschlossen? Ansonsten gilt: Je professioneller die Stockagentur, umso sicherer können Sie sein, dass die „Model-Lizenzierung“ in Ordnung ist.
- Ist ein Bild im Onlinemedium eingebunden, landet es schnell auch in einem anderen, z. B. durch Social-Sharing-Funktionen. Kann das rechtliche Konsequenzen haben?
Sie denken da zum Beispiel an den typischen Share-Button? Das ist in der Tat ein Problem bei den Fotos, die gar nicht erst für Netzwerke lizenziert sind. Letztendlich ist beim Bereitstellen von Personenfotos zum Teilen vorher immer zu prüfen, ob die damit erweiterte Reichweite des Personenfotos entweder durch Einwilligung, Vertrag oder „berechtigtes Interesse“ legitimiert ist.
Tipp: Nutzen Sie Ihr Content-Management-System (CMS) der Unternehmenswebsite oder des Blogs und definieren Sie, welches Bild beim Social-Sharing angezeigt werden soll. Das kann im Zweifel auch ein anderes Foto sein, als im Artikel selbst.
Herr Eggers, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Ein praktischer Helfer für den Arbeitsalltag zu diesem Thema ist das Buch „Quick Guide Bildrechte“ von Christian W. Eggers.